Werften sind heute nahezu gezwungen, Liefertermine bestmöglich einzuhalten. Die Beherrschung komplexer Abläufe und Systeme wird somit zu einer wichtigen Herausforderung. Schon jetzt bestimmen Automation und Software die Komplexität eines Schiffes maßgeblich mit. Die Werft muss hier sehr eng mit dem Lieferanten des übergeordneten Monitoring- und Kontrollsystems zusammenarbeiten. Letztendlich hat dieser Gesamtsystemintegrator eine Schlüsselfunktion während der Inbetriebnahme. Er muss Änderungen sowie den Integrationstest an Bord durchführen. Hier sind Arbeiten teilweise nur nacheinander möglich und die Arbeitsstunden sind in der Regel teurer als in der Werkstatt. Reeder ihrerseits müssen sich heute mehr denn je auf ihr Kerngeschäft, die Abbildung einer weltumspannenden Logistikkette konzentrieren. Benötigen sie dazu Daten von ihren Schiffen, hängen sie eng an dem Integrator der das integrierte Monitoring- und Kontrollsystem des Schiffes liefert. Änderungen in Teilsystemen, wie zum Beispiel des Bunkersystems oder der Boiler führen dazu, dass z. B. der Boilerlieferant an Bord kommen muss. Darüber hinaus muss auch der Integrator die zusätzlichen Variablen oder Messwertbereiche in das übergeordnete System einpflegen.
Besagter Boilerlieferant, als Beispiel für jegliche Teilsystemhersteller, hat dauerhaft einen hohen Abstimmungsaufwand mit vielen Monitoring- und Kontrollsystemherstellern, um eine plausible und normenkonforme Visualisierung der Boilerkreise zu gewährleisten. Im Zweifel erfolgt sogar die Regelung von Teilsystemen auf der Leitebene.
Hierzu hat WAGO zusammen mit der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg und der Technischen Universität Dresden das Konzept DIMA für die Verfahrenstechnik erarbeitet. DIMA deckt die genannten Anforderungen ab und mündet derzeit in die VDI/VDE-Richtlinie 2658 und die NAMUR-Empfehlung NE148. Kernstück der Methode ist das Module Type Package (MTP) für Dienste und Informationen. Es beschreibt den Informationsaustausch mittels OPC-UA. Die Diensteorientierung wird durch eine in IEC61512-normierte Statusmaschine gewährleistet. Die Visualisierung wird im Teilsystem mittels AutomationML (Markup Language) beschrieben und ist somit funktional identisch in der Vorortbedienung wie im Maschinenkontrollraum oder auf der Brücke. Lediglich die Darstellung folgt dem Design des jeweiligen Herstellers.
Versuche an einer Modellanlage der Verfahrenstechnik zeigten, dass eine Inbetriebnahme der Anlage innerhalb von 2:30 min möglich ist. Bei herkömmlichen Inbetriebnahmen wären hier ansonsten zunächst mehrere Arbeitstage in die Anpassung des Leitsystems geflossen. Die positiven Erfahrungen in der Verfahrenstechnik und die breite Herstellerunterstützung im Bereich der Automation, führen zu der Annahme, dass die Vorteile einer diensteorientierten Software in der Automation auch zu Effizienzsteigerungen im Schiffbau führen können.
Autor: Dipl. Wirtsch.-Ing. (TU) Norman Südekum, Leiter Branchenmanagement Schiffstechnik bei Wago Kontakttechnik GmbH & Co.KG
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