Referenz

30. Oktober 2018
Stadtbetriebe Bornheim setzen auf standardisiertes Messsystem von WAGO und NIVUS

Mit der ersten Station – der Druckerhöhungsanlage in der Coloniastraße – begann das von den Verantwortlichen als „Mammutaufgabe“ beschriebene Projekt: Ende 2017 starteten die Stadtbetriebe Bornheim damit, das zentrale Überwachungs- und Protokolliersystem des betriebseigenen Abwasserwerks und des betriebsgeführten Wasserwerks zu erneuern. Dabei vertrauen sie auf eine von WAGO und NIVUS entwickelte standardisierte Technik, welche die Aufgabe des wartungsfreien IoT-Gateways in den Unterstationen übernimmt: Mehr als 40 Stationen werden mit dem auf dem PFC200 basierenden NivuLink Control an die Leitwarte angebunden. Der dezentral verbaute Controller steuert nicht nur die Prozesse, sondern überwacht gleichzeitig die Anlage. Die bisherigen Erfahrungswerte: Der Datenfluss läuft reibungslos.

„Ausgangslage war die Aufkündigung der analogen Telefonanschlüsse für die Abwasseraußenstationen sowie das anstehende technische Update. Einige Unterstationen wären mit der zukünftigen digitalen Telefonie zum Teil nicht mehr nutzbar gewesen“, erklärt Wolfgang Hönighausen, technischer Leiter des Wasserwerks. Es bestand dringender Handlungsbedarf, da etwa die Hälfte der Abwasserstationen dokumentationspflichtig sei – „die zuständige Aufsichtsbehörde verlangt einen lückenlosen Einblick in unsere Aufzeichnungen“. Parallel dazu planten die Stadtbetriebe das bisherige Überwachungs- und Protokolliersystem zu ersetzen sowie die elektrische Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik, die Prozessleittechnik, als auch die Prozessvisualisierung im Wasserwerk zu erneuern. „Übernommen haben wir das Abwasserwerk sowie die Betriebsführung für das Wasserwerk im Januar 2013 und bis dato keine vollständige Dokumentationen und erhebliche Ausfälle zu verzeichnen, die zusätzlich durch zeitweise instabile Datenverbindungen verursacht wurden“, so Hönighausen. Kein akzeptabler Zustand für den Bornheimer Betrieb, der auf einer Fläche von rund 83 Quadratkilometern ein mehr als 200 Kilometer verzweigtes Kanalnetz sowie Trink- und Abwasseranschlüsse von mehr als 48.000 Einwohnern verantwortet.

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Wolfgang Hönighausen, technischer Leiter des betriebsgeführten Wasserwerks der Stadtbetriebe Bornheim, ist mit dem neuen standardisiertes Messsystem von WAGO und NIVUS für die übergreifende Vernetzung der Anlagen zufrieden.

Um das Problem mit der unzuverlässigen Datenverbindung zu beheben, installierten die Verantwortlichen ein eigenes Lichtwellenleiter-Netz, das das Wasserwerk und die Hochbehälter miteinander verknüpft. Für die Wahl des neuen zentralen Leitsystems hatten Wolfgang Hönighausen und der Abwassermeister des Stadtbetriebes Bornheim Dominik Hupperich ebenso klare Vorstellungen – auch wenn das vorhandene Abwassersystem technisch in die neue EMSR- und PLT-Technik hätten implementiert werden können. „Das ist allerdings ein sehr kostenintensiver Vorgang, wir hätten Unterstationen neu anschaffen oder ersetzen müssen.“ Zudem wäre die Parametrierung zeit- und arbeitsaufwendig gewesen. Nicht zuletzt habe man sich für die Zukunft einen besseren technischen Support gewünscht, „ich telefoniere gerne mit Menschen und weniger gerne mit Hotlines, bei denen ich ein Ticket ziehen muss“, unterstreicht Hönighausen.

„Wir haben uns daraufhin einige Systeme von Anbietern angeschaut, auch das NICOS der Firma NIVUS. Das Unternehmen ist uns seit vielen Jahren bereits aus dem Gebiet der Messtechnik überwiegend im Abwassersektor bekannt“, erklärt Hupperich. Für den Bereich des Wasserwerks haben die Stadtbetriebe 2016 gemeinsam mit den Eppingern ein Wasserverlustbeseitigungskonzept aufgebaut und dafür die Wassermessschächte technisch aufgerüstet, um die Verbräuche innerhalb des Wasserverbundnetzes nachvollziehen zu können. „Zurückgegriffen haben wir dafür auf das NIVUS Datenmanagementsystem D2W (Device to Web). Unsere Projekterfahrungen waren gut, auch was die technische Unterstützung angeht“, unterstreicht Hönighausen.

Intelligente Technik, durchgängige Vernetzung

Einen ersten Eindruck von der NIVUS Prozessleitsoftware NICOS, die die Daten in zentralen und dezentralen Anlagen überwacht und dokumentiert, verschafften sich die Bornheimer in der NIVUS-Zentrale. Das Ergebnis der Stippvisite: Positiv, das System konnte die Vorgaben der Stadtbetriebe voll erfüllen. Eine davon betraf die Anwenderfreundlichkeit, die vorher nur bedingt gegeben war, wie Hönighausen unterstreicht: „Für den Betrieb der Wasser- und Abwasseranlagen waren wir von zwei verschiedenen Systemen abhängig: Eines, das für die Visualisierung und Steuerung des Wasserwerks verantwortlich war sowie ein zweites für die Alarmierung und Dokumentation, auf das auch unser Abwasserwerk zurückgriff.“ Die Bedienbarkeit für die Mitarbeiter: wenig zweckmäßig und umständlich. Eine Lösung für beide Werke, die sowohl zu den regulären Arbeitszeiten, als auch während des Bereitschaftsdienstes vom gleichen Personal bedient werden konnte, war die Maßgabe. Zudem sollte das System hoch verfügbar sein – 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche.

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Guido Uhr, Elektriker bei den Stadtbetrieben Bornheim, arbeitet täglich mit NivuLink: „Die einfache Visualisierung und Parametrierung, als auch die Kompaktheit der Anlage sind ganz praktische Vorteile, die uns die Arbeit erleichtern.“

„Die Lösung mit NICOS und dem PFC200 oder NivuLink-Control stellt für den Betreiber einen wichtigen Schritt in Richtung Predictive Maintenance – der vorausschauenden Instandhaltung dar“, unterstreicht Andreas Bosel, Leiter Datentechnik bei NIVUS. Es steht eine intelligente Technik für die komplette Vernetzung sensorbasierter Messsysteme zur Verfügung – aus einer Hand, in einem Schritt. Ein schlankes wie einfaches Konzept, das sich der vorhandenen Personalstruktur in Bornheim anpasst und für die Mitarbeiter des Wasser- und Abwasserwerks gut handhabbar ist. Guido Uhr, Elektriker bei den Stadtbetrieben Bornheim, arbeitet täglich mit der standardisierten Technik und betont: „Die einfache Visualisierung und Parametrierung, als auch die Kompaktheit der Anlage sind ganz praktische Vorteile, die uns die Arbeit mit NivuLink erleichtern.“ Die Stationen werden zentral überwacht und gesteuert, was eine schnelle Übersicht der verteilten Systeme ermöglicht, lobt Uhr die Durchgängigkeit bis in die unterste Ebene. Im Störfall einer Anlage werden er und seine Kollegen über den in der Zentrale installierten Alarmserver benachrichtigt, in dem er auflaufende Störmeldungen per Email oder SMS übermittelt. Die Protokollierung der Bauwerke erfolgt mit dem Reportserver. Die Ereignisberichte werden automatisch generiert und den Mitarbeitern zur Verfügung gestellt.

Vielseitige Kommunikationswege

Für die Steuerung von Aktoren stehen verschiedene Schnittstellen zur Verfügung. Der NivuLink Control kann mit einem lokalen Programmablauf für komplexe Rechen- und Steueraufgaben programmiert werden, der Messwertspeicher im Gerät ist durch SD-Karten einfach erweiterbar. Neben den Netzwerk- und Feldbus-Schnittstellen werden alle digitalen sowie analogen und Sondermodule des WAGO I/O-System Serie 750 und 753 unterstützt. Übergeordnete Systeme können sowohl klassisch über vorhandene Leitungen erfolgen als auch mobil mit der 3G-Variante des PFC200. Ein integrierter Web-Server stellt den Bornheimer Mitarbeitern die Konfigurationsmöglichkeiten und Statusinformationen des NivuLink Control zur Verfügung. Insgesamt 42 Unterstationen und eine Druckerhöhungsanlage sind über DSL oder GPRS mit dem WAGO PFC200 oder dem NivuLink Control angebunden. Das WAGO-I/O-System 750 übernimmt dabei die zentrale Aufgabe des wartungsfreien IoT-Gateways, als NivuLink-Control sorgt es für die Verbindung zwischen Sensorik, Aktorik und Leitstand. Drei weitere Stationen sind über ein betriebseigenes Glasfasernetz über die Werksautomatik im Wasserwerk angeschlossen.

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Insgesamt 42 Unterstationen und eine Druckerhöhungsanlage sind über DSL oder GPRS mit dem WAGO PFC200 oder dem NivuLink Control angebunden. Der dezentral verbaute Controller steuert nicht nur die Prozesse, sondern überwacht gleichzeitig die Anlage.

KRITIS-sicher und zukunftsfähig

Überzeugt hat die gemeinsame Lösung von WAGO und NIVUS auch durch die hoch angelegte Messlatte an Sicherheitsstandards: NivuLink-Control entspricht den Anforderungen an die Cyber-Security bei KRITIS-Anwendungen. Eine wasserdichte IoT-Kommunikation wird über MQTT und durch eine integrierte IPsec-Verschlüsselung sichergestellt. Ferndiagnosen sind durch Aufschalten mit der Programmiersoftware e!Cockpit möglich. „Die gesetzliche Vorgabe bestand zwar nicht, da wir Stand heute nicht als kritische Infrastruktur gelten – wir haben das System aber dennoch unter dem KRITIS-Aspekt gewählt. Wenn wir es jetzt schon anpacken, dann so, dass wir zukunftsfähig aufgestellt sind“, sagt Wolfgang Hönighausen. Das Sicherheitspaket sei bereits über Jahre gewachsen, angefangen ab dem Zeitpunkt, als die Stadtbetriebe Bornheim das Wasserwerk übernommen haben. „Seitdem bedienen wir uns für die IT-Sicherheit eines spezialisierten Dienstleisters, der gemeinsam mit uns die Sicherheitsanforderungen kontinuierlich erarbeitet und aufbaut – was in der Spitze in der Umsetzung der aktuellen Maßnahmen gipfelte.“ Eingebunden wurden dabei alle relevanten Projektpartner – vom Planungsbüro der EMSR-Technik bis zu Lieferanten wie NIVUS und WAGO. Neben der ständigen Verfügbarkeit seien der sichere Fernzugriff für die Bedienung und Beobachtung sowie ein gesicherter Wartungszugriff des Wasserwerks zwingend notwendig gewesen. Alle Mitarbeiter verfügen über Notebooks, die in das IT-Sicherheitskonzept integriert sind, um bei einer vorhanden Internetverbindung jederzeit von jedem Ort auf das System zurückzugreifen. Dem Zufall wurde im Vorfeld nichts überlassen: Ausfalltests einzelner Systeme sowie ein Desaster Recovery Test gehörten ebenso dazu, wie die Etablierung eines Patchmanagement-Prozesses, der durch die zentralen Dienste gestützt und abgesichert wird. „Das Thema KRITIS war auch für uns eine Herausforderung, weil es in dem Maße, wie es in diesem Fall gefordert, für uns neu war“, blickt Andreas Bosel von NIVUS zurück. Für die Steuerung seien Verschlüsselungen vorausgesetzt gewesen, die sich an Sicherheitsstandards für Rechenserver orientierten und aufgrund ihrer Komplexität für die eingesetzten Controller nicht praktikabel gewesen seien – dies führte anfänglich zu Verbindungsstörungen. Ursache für das Problem sei der hohe Bedarf an Rechenleistung für die Entschlüsselung. „Aber auch hier haben wir eine zukunftssichere Standardlösung gefunden, die die gestellten KRITIS-Anforderungen voll abdeckt, ohne dass der Kunde eine eigene Software benötigt.“

Um den erhöhten Verfügbarkeitsanforderungen gerecht zu werden, sind zudem zwei Serverräume installiert worden, die durch hinreichende Redundanzen in der technischen Infrastruktur die Überbrückung einzelner Ausfälle ermöglichen. „Unser Redundanz-Ansatz basiert auf zwei Kommunikationswegen: Bei Verbindungsverlust eines Weges, übernimmt Weg zwei. Bei Verlust beider Wege oder dem Ausfall der Hardware, laufen die Anlagen im Wasserwerk in einem Notbetrieb“, so Hönighausen. Dabei werden die Prozessdaten gepuffert und bei wiederkehrender Kommunikation im PLS nachgepflegt. Nicht in Frage kam für den Wasserwerkleiter eine cloudbasierte Lösung: „Für die Abwasserstationen hätten wir uns das noch vorstellen können, für das Wasserwerk aber definitiv nicht.“ Man wolle die Prozesse selber in der Hand behalten – „wenn ich in der Verantwortung stehe, möchte ich kontrollieren können und nicht auslagern.“

„Entscheidend für uns ist letztendlich, dass die Daten übermittelt und wir bei Grenzwertverletzungen oder Ausfällen von Aggregaten alarmiert werden. Das muss funktionieren!“ Bei allen Unterstationen läuft diese Datenübertragung störungsfrei. Systembedingte Ausfälle gab es bislang nicht. „Wir sind zufrieden, weil wir zu den bereits genannten Vorteilen noch Zusatzfunktionen nutzen können, die wir vorher nicht hatten. Zum Beispiel haben wir Eskalationsstufen eingeführt, die den Eingang einer Meldung sicherer macht. Es ist insgesamt ein System, das bisher zuverlässig arbeitet“, erläutert Hönighausen.

KRITIS-Schutzmaßnahmen für das Wasser- und Abwasserwerke Bornheim:

  • Betriebsinternes Lichtwellenleiter-Netz

  • Segmentierung des Netzwerkes

  • Hochverfügbarkeit 24/7

  • Etablierung zentraler Dienste (Antivirus, Backup, Patchmanagement, Verzeichnisdienst, Monitoring)

  • Härtung der Endgeräte

  • Gesicherte Wartungs- und Fernzugänge

Text: Kay Miller
Foto: Peter Jost / VOR-ORT-FOTO.de

Über Nivus

Die NIVUS GmbH mit Sitz in Eppingen ist Entwickler, Hersteller und Lieferant von Software und Messtechnik für die Wasserwirtschaft. Seit 50 Jahren arbeiten die Baden-Württemberger auf dem Gebiet der Durchflussmessungen, mit acht internationalen Niederlassungen und über 40 Distributoren gehören sie zu den weltweit führenden Unternehmen dieses Sektors. Das Produktportfolio umfasst genaueste Messsysteme zur Durchflussmessung, Fließgeschwindigkeitserfassung, Füllstandsmessung, Druckmessung und Messung der Wasserqualität. Ebenso bietet NIVUS Software zur Datenerfassung, Protokollierung und Auswertung der Messergebnisse, sowie modulare Prozessleitsystem-Software an.

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