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Lastspitzen vermeiden

Wenn Industrieunternehmen die zugesprochene Leistungsgrenze ihres Energieversorgers überschreiten, wird’s teuer. Was tun? Hysterisch „Halt, Stopp“ rufen und Anlagen anhalten? Eher nicht. Wie produzierende Unternehmen mit sogenanntem „Peak Shaving“ lästige Lastspitzen vermeiden, ihre Energiekosten senken und langfristig ein Energiemanagement etablieren können, erfahren Sie hier.

Wenn in der Elektrotechnik von „Peak Shaving“ gesprochen wird, geht es darum, Lastspitzen zu glätten. Denn die gehen für Unternehmen richtig ins Geld. Schnell sind hier selbst bei vergleichsweise kleinen mittelständischen Unternehmen 50.000 Euro erreicht – die dann für das ganze Jahr zu zahlen sind. Daraus folgt die Devise, pfleglich mit seinen Lasten umzugehen. Diese Meinung teilt auch der Kabelhersteller Norbert Kordes Kabel aus Niedersachsen – und hat gemeinsam mit WAGO seine Lastspitzen gekappt.

Auf Basis der WAGO Controller PFC200 hat Norbert Kordes Kabel und Leitungen GmbH u. Co. KG dafür eine wirksame und zugleich einfache Lösung entwickelt. Hinzu kommt, dass sich mit der in Maschinen und Prozessbereichen installierten Messtechnik und den damit erhobenen Daten auch langfristig angelegte Energieeffizienzverbesserungen erzielen lassen. Die Controllerprogrammierung ist mit dem leicht lernbaren WAGO Engineeringtool „e!COCKPIT“ in Eigenregie erfolgt.

Rechtzeitig Tempo rausnehmen – statt Vollbremsung

„Es lohnt sich, genau hinzuschauen“, sagt Andre Wächter, Elektriker bei der Norbert Kordes Kabel und Leitungen GmbH & Co. KG am Standort Katlenburg-Lindau. Der Instandhaltungsleiter hat es sich zum Ziel gesetzt, die Verbräuche in der Produktion möglichst detailliert zu erfassen, um daraus gezielt Energieeffizienzmaßnahmen ableiten zu können.

Denn sowohl der Verbrauch (Arbeitspreis) als auch plötzlich auftretende Lastspitzen im Rahmen des Leistungspreises belasten das Betriebsergebnis. Vor allem beim Leistungspreis kostet ein ungeplantes „Überholmanöver“ ganz schnell einen fünfstelligen Eurobetrag. Gemeinsam mit WAGO hat Andre Wächter deshalb ein System implementiert, das sich vergleichen lässt mit einem Tempomaten, der rechtzeitig vom Gas geht, bevor es teuer wird.

Leistungsüberschreitung – ein Rechenbeispiel

Um einen Eindruck zu erhalten, welche monetäre Bedeutung Lastspitzen einnehmen, reichen wenige Zahlen aus. Der regionale Energieversorger von Kordes Kabel gibt den Leistungspreis pro Kilowatt (kW) für Unternehmen mit eigener Mittelspannungsversorgung (dazu zählt Kordes) und einem jährlichen Leistungsbezug größer 2500 Stunden mit rund 120 Euro an.

Würde Kordes Kabel die vorher festgelegte Leistungsgrenze am Ende nur eines einzigen 15-minütigen Messzeitraums überschreiten, macht jedes weitere kW den Leistungspreis um 120 Euro teurer. Kurzfristige Produktionssteigerungen, die beispielsweise das Zuschalten eines mittelgroßen Hauptantriebs mit 300 kW notwendig machen, würden damit das Unternehmen auf das Jahr gerechnet 36.000 Euro kosten. Ungewollte Ausreißer haben damit das Potenzial, jede Produktionskalkulation ad absurdum zu führen.

Der Rückschluss daraus: Investitionen in Systeme, die helfen, Lastspitzen verlässlich zu glätten, rechnen sich von der ersten Minute. „Dafür müssen wir aber wissen, wo wir ganz genau eingreifen können“, sagt Wächter. Beim Kabelhersteller am Fuß des Westharzes fließt die meiste Leistung in den sogenannten Grobzug hinein – der erste Arbeitsgang bei Drahtziehen. Dahinter steht eine Anlage, die den acht Millimeter dicken Gießwalzdraht durch immer engere Ziehsteine im Kaltformverfahren auf den gewünschten Querschnitt bringt.

Vor der Weiterverarbeitung zu Mantelleitungen (NYM) wird der Kupferdraht noch in einer Widerstandsglühe per Kurzschlussstrom geschmeidig gemacht. Diese hat eine Leistung von 900 kW, der Motor der Ziehanlage 700 kW. Es gibt noch weitere Verbraucher, die sich zu spürbaren Lasten addieren: Extrusionslinien für die Isolierung von Adern und kompletten Kabeln sowie Schrumpföfen in der Verpackung. „Davon haben wir eine Handvoll mit jeweils 45 kW Leistung. Wenn die zufällig alle gemeinsam aufheizen, dann ist unsere Lastgrenze von 1860 kW schnell erreicht“, berichtet Andre Wächter.

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Der Grobzug bringt den Gießwalzdraht aus Kupfer in einem Kaltformverfahren auf den gewünschten Querschnitt.

Leistung schrittweise reduzieren

Tritt dieser Fall ein, kann die Leistungsaufnahme in vier Stufen reduziert werden, ohne dabei komplette Produktionsbereiche von jetzt auf gleich abzuschalten. Die Programmierung des WAGO Controllers PFC200 sieht dafür vor, die Motorleistung des Grobzuges in 70 kW Schritten herunterzufahren. „Den Grobzug kann ich verlangsamen, ohne den Prozess zu gefährden oder Qualitätsprobleme im Draht zu bekommen. Bei Extrudern wäre das durch den kontinuierlichen Prozess nicht so einfach möglich“, erklärt der Instandhaltungsleiter. Da bei Kordes Kabel die Extrusion und das Drahtziehen in der Produktion entkoppelt sind, kann dank temporärer Zwischenlagerung in einem Bereich Rücksicht auf die Lastspitzen genommen werden. Bei Anlagen, die vom Ziehen bis zur Extrusion die komplette Fertigung abbilden, ist dieser Weg nicht möglich.

Detaillierte Messwerte fördern Energieeffizienz

Das mit WAGO realisierte System arbeitet so feinfühlig, dass aus dem Ruder laufende Lasten frühzeitig erkannt und mitgeschrieben werden. „Wir schalten in diesem Fall gezielt und vor allem dosiert Leistungen herunter. Damit müssen wir nicht nach 14 Minuten abrupt den Anker werfen und komplette Produktionen vom Netz nehmen.“ Wo die Vorwarnzeichen liegen und wie die jeweiligen Eingriffe im Detail aussehen, das hat Andre Wächter nach einer kurzen Schulung bei WAGO im Umgang mit der Engineering-Software „e!COCKPIT“ selbst programmiert.

Erfasst werden im Werk Katlenburg-Lindau die Daten von etwa 100 Zählern, die komplette Maschinen und Maschinenteile messen. „Wir betrachten beispielsweise jeden Extruder einzeln und teilen eine Linie nach Teilsystemen auf.“ Nur so lässt sich sehen, ob Effizienzverbesserungen in einem Bereich an ganz anderer Stelle zu Verschlechterungen führen. Bei einem unreflektierten Betrachten einer Gesamtanlage würden die meisten Detailveränderungen in der Summenbetrachtung verloren gehen.

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Andre Wächter von Norbert Kordes Kabel und Leitungen (links) zeigt Lukas Dökel von WAGO wie er das Lastspitzenmanagement auf einfache Weise und kurzer Einarbeitung mit der Engineering-Software „e!COCKPIT“ selbst programmiert hat.

Der Einsatz dieser Technik rechnet sich für uns doppelt: Wir beugen teuren Lastspitzen vor und sehen Bereiche, wo wir am effektivsten Energie sparen können.

Andre Wächter, Elektriker bei Norbert Kordes Kabel und Leitungen GmbH & Co. KG

Ein System für Lastmanagement und Energieeffizienz

Folglich lässt sich das WAGO System mit dem PFC200 auch dazu verwenden, Maßnahmen für bessere Energieeffizienz überhaupt bewerten zu können. „Der Einsatz dieser Technik rechnet sich für uns also doppelt. Wir beugen teuren Lastspitzen vor und sehen Bereiche, wo wir am effektivsten Energie sparen können“, betont Andre Wächter.

Wichtig sei dabei für den Energieeffizienzbeauftragten, eine Lösung im Unternehmen nutzen zu können, die zudem frei programmierbar ist. „Wir wollen selbst darüber entscheiden, wie Maßnahmen im Detail aussehen sollen.“ Der Einsatz von vorbereiteten Bausteinen im „e!COCKPIT“ erleichtere die Arbeit, baue dabei aber keine Funktionsgrenzen auf. Fertige Systeme seien als Blackbox deutlich starrer. „Die meisten summieren die Lasten auf und schalten erst nach Erreichen einer Grenze ab. Wir können stattdessen passgenau vom Gas gehen.“

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WAGO Controller vom Typ PFC200 schaffen den technischen Rahmen, um aus dem Ruder laufende Lasten wieder auf Kurs zu bringen.

Bewusstsein für Energiemanagement schaffen

Die Ergebnisse werden bei der Norbert Kordes Kabel und Leitungen GmbH & Co. KG übrigens in der Belegschaft offen kommuniziert. „Ich hänge regelmäßig Zahlen aus, wie viel Energie wir verbrauchen“, betont Andre Wächter. Die Datenerfassung sei so engmaschig, dass Verbräuche auf Schichten umlegbar seien und ebenfalls auf die hergestellten Produkte.

Für die Zukunft hat Andre Wächter deshalb geplant, auch die Produktionsdaten in den PFC200 einfließen zu lassen. Die Auswertung wird gerade vor dem Hintergrund spannend, weil mit der Bauprodukteverordnung neue Anforderungen an Kabel gestellt werden. Beispielsweise erfordert der vermehrte Einsatz von flammwidrigen Kunststoffen nach Erfahrung von Norbert Kordes Kabel und Leitungen GmbH u. Co. KG einen höheren Energieverbrauch in der Verarbeitung und treibt damit den Energieverbrauch pro Tonne fertiges Kabel noch weiter nach oben.

ISO 50001 gerecht werden

Das Interesse nach transparenten Zahlen ist einerseits aus betriebswirtschaftlichen Gründen – Stichwort Herstellkosten – groß und andererseits auch aufgrund der ISO 50001. „Wir müssen ja Einsparungen nachweisen können. Deshalb reicht es nicht aus, einfach nur die Gesamtmenge in Relation zum Energieverbrauch zu setzen, da jedes Produkt seinen eigenen Energiebedarf mit sich bringt.“

Fazit

Die Controller der Reihe PFC200 machen es in Kombination mit der WAGO Engineeringsoftware „e!COCKPIT“ Anwendern sehr einfach, die Lastverteilungen in der Produktion zu analysieren und mit Blick auf den Leistungspreis wirksam zu harmonisieren. Die Offenheit des leicht zu integrierenden Systems macht es dabei möglich, individuelle Wünsche und Berechnung zu implementieren. Die Return-on-Investment-Zeiten sind hierbei allein schon aufgrund der hohen Einsparungen bei den Lastspitzen vernachlässigbar.


Text: Lukas Dökel | WAGO
Fotos: Thorsten Sienk

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