Referenz
Batterieschwarm intelligent steuern

Der Batterieverbund „SchwarmSpeicher Allgäu“ stabilisiert das Niederspannungsnetz in und um Kempten. Bei der Überwachung und Steuerung der dezentralen Speicheranlagen verlässt sich egrid, Spezialist für smarte Verteilnetze, auf Controller von WAGO – aufgrund von Flexibilität, Verlässlichkeit und Servicequalität.

Die zwischen Mehrfamilienhäusern, Tennisplätzen und Schwimmbad platzierte, garagengroße Betonbox im Westen von Kempten könnte eine gewöhnliche Ortsnetz-Trafostation sein. Hinter der Metalltür verbergen sich jedoch weder Transformator noch Mittelspannungsschaltanlage, sondern 36 Lithium-Ionen-Akkupakete, gestapelt zu einer schwarzen Wand – eine von fünf im Großraum Kempten verteilten Großbatterien, mit denen der örtliche Netzbetreiber, die AllgäuNetz, die Stabilität des Verteilnetzes sichert.

Und das ist auch notwendig, denn wie in vielen anderen Regionen ist das Niederspannungsnetz in Kempten und Umland in den vergangenen Jahren kräftig unter Druck geraten. Der Grund: die starke Zunahme der Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien. Ablesbar ist das zum Beispiel an der Zahl der Tage, an denen Strom auf die Mittelspannungsebene zurückgespeist wurde. Was noch bis vor wenigen Jahren nur sehr selten vorkam, geschah 2017 schon mehr als hundert Mal.

Produktübersicht

Intelligente Netzertüchtigung

Statt nun aber für viel Geld neue Leitungen zu legen, hat der Netzbetreiber beschlossen, vor allem in intelligente Maßnahmen zur Ertüchtigung des bestehendes Netzes zu investieren – allen voran in einen Verbund dezentraler Batteriespeicher. Dieser Batterieverbund stützt das lokale Netz mithilfe ausgefeilter Algorithmen sowie Kommunikations-, Mess- und Steuerungstechnik von WAGO. Die Akkus, mit einer Leistung von je 500 Kilowatt, wurden gezielt dort installiert, wo viel Strom ins Netz eingespeist und zeitversetzt wieder entnommen wird.

Ende 2017 ist das „SchwarmSpeicher Allgäu“ getaufte System in Betrieb gegangen. Konzeption, Planung und Betrieb des Batterieverbundes hat die egrid applications & consulting GmbH übernommen, ein auf Beratungsleistungen rund um die Gestaltung smarter Verteilnetze spezialisiertes Joint Venture der Allgäuer Überlandwerke und Siemens.

Bei der Bewirtschaftung des Schwarmspeichers 36 Lithium-Ionen-Akkupakete, gestapelt zu einer schwarzen Wand: Mit insgesamt fünf dieser Großbatterien, die im Großraum Kempten verteilt sind, sichert der örtliche Netzbetreiber, die Allgäuer Überlandwerke, die Stabilität des Verteilnetzes. 35 setzt egrid auf eine Mehrfachnutzung („Multi-Purpose- Betrieb“). Sie ermöglicht es, verschiedene Ertragsquellen zu erschließen. „Wichtigste Funktion des Systems ist es, Primärregelleistung zu liefern. Damit stützen wir in der Regel zugleich auch das lokale Netz“, erklärt egrid-Geschäftsführer Bernhard Rindt. Zudem fangen die Speicher gelegentlich auftretende Spitzen bei der Netznutzung ab. Außerdem dienen die Batteriepakete als Notstromanlage. Der Netzbetreiber muss so weniger Geld in Anschaffung und Betrieb von Dieselaggregaten investieren, die diese Aufgabe üblicherweise übernehmen.

Die passenden energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen vorausgesetzt, sind künftig noch weitere Betriebsweisen möglich – etwa im Kontext von „Demand Side Management“ (DMS) oder zur Bereitstellung von Blindleistung.

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Die garagengroße Betonbox im Westen von Kempten wirkt wie eine gewöhnliche Ortsnetz-Trafostation. Hinter der Metalltür verbergen sich Batteriespeicher statt Transformator oder Mittelspannungsschaltanlage.

Besser im Verbund

Warum hat egrid einen intelligent gesteuerten Speicherverbund geschaffen, statt isolierte Großbatterien zu installieren? „Der Schwarmspeicher bietet gleich eine Reihe von Vorteilen. Es ist zum Beispiel viel einfacher, die einzelnen Batterien im optimalen Ladezustand von vierzig bis sechzig Prozent zu halten. Dazu steuert das System bevorzugt diejenigen Speicher an, die sich gerade an der oberen oder unteren Grenze dieser Spanne befinden“, erklärt Rindt. Zudem lässt sich die Wärmeentwicklung der Batterien im Verbund besser in den Griff bekommen, was ihre Lebensdauer verlängert. Und nicht zuletzt steigt die Verfügbarkeit: Falls eines der Batteriepakete nicht mehr ordnungsgemäß arbeitet oder Wartungsarbeiten durchgeführt werden müssen, können die vier verbleibenden Speicher die ausfallende Leistung übernehmen.

Die einzelnen Anlagen werden von einer rund um die Uhr besetzten Leitwarte aus überwacht und gesteuert. Die Bereitstellung von negativer wie positiver Regelenergie geschieht automatisiert nach Maßgabe von Frequenzabweichungen, die vor Ort gemessen werden. Daneben hat egrid jedoch weitere Regelalgorithmen implementiert, die sicherstellen, dass die Batterien durch das Ausnutzen von Freiheitsgraden im optimalen Ladezustand gehalten werden. Sollen die Speicher für die Kappung von Spitzenlasten im Netz eingesetzt werden, wird das System von der Leitstelle in einem alternativen Betriebsmodus geführt.

WAGO kombiniert Linux® mit CODESYS Runtime und der Möglichkeit, eigenen Quellcode oben draufzusetzen. Eine solche Flexibilität bietet kaum ein anderer Anbieter.

Bernhard Rindt, Geschäftsführer, egrid applications & consulting GmbH

Verlässliche Geschäftskultur und flexible Technik

Ganz gleich, ob Regelenergie, Netzspitzenreduktion oder andere Einsatzfelder: WAGO Controller garantieren die sichere Kommunikation der einzelnen Systemkomponenten. WAGO ist bei Projekten von egrid schon seit einigen Jahren mit an Bord. „Uns gefällt unter anderem die langfristige Orientierung von WAGO bei der Produktentwicklung“, sagt Rindt. „Bei vielen großen Konzernen wird permanent eine neue Sau durch das Dorf getrieben. Da zieht man sich dann auch schnell mal wieder aus einem Marktsegment zurück, wenn es dort nicht so läuft wie geplant. WAGO dagegen pflegt hier unserer Erfahrung nach eine ganz andere Kultur.“ Dazu gehört auch die Serviceorientierung des Herstellers: „Wir haben bei WAGO immer sehr schnell den richtigen Support bekommen“, betont Rindt.

Daneben sprechen aber auch technische Gründe für die Produkte von WAGO. „Die Open-Source-Strategie von WAGO kommt uns sehr entgegen“, erklärt der egrid-Chef. Mit Linux® als Basisbetriebssystem der Controller hat der Smart-Grid-Spezialist die Möglichkeit, schnell und ohne viel Aufwand auf neue Anforderungen zu reagieren. „WAGO kombiniert Linux® mit CODESYS Runtime und der Möglichkeit, eigenen Quellcode oben draufzusetzen. Eine solche Flexibilität bietet kaum ein anderer Anbieter“, sagt Rindt überzeugt. Immer wieder komme es vor, dass sich die technischen und funktionalen Vorgaben für ein Batteriesystem nach der Installation noch ändern. „Da kann es zum Beispiel passieren, dass ein Netzbetreiber nachträglich Zugriff auf zusätzliche Informationen zum Status der Speicher haben möchte. Mit WAGO können wir solche Aufträge sehr leicht erfüllen – wir müssen einfach nur ein paar Zeilen Code hinzufügen.“

Text: Ulrich Menzel | WAGO
Foto: Ralph Diermann | EGRID APPLICATIONS & CONSULTING GMBH

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Bernhard Rindt, Geschäftsführer der egrid applications & consulting GmbH, erklärt die Bewirtschaftung des Schwarmspeichers. „Ein Multi-Purpose-Betrieb ermöglicht es uns, verschiedene Ertragsquellen zu erschließen.“ Wichtigste Funktion des Systems sei jedoch, Primärregelleistung zu liefern. „Damit stützen wir in der Regel zugleich auch das lokale Netz.“

Wir haben bei WAGO immer sehr schnell den richtigen Support bekommen.

Bernhard Rindt, Geschäftsführer, egrid applications & consulting GmbH

Sonnensprit – auch nachts

Das Ingenieurbüro Fehringer hat mit WAGO-Technik eine Stromtankstelle entwickelt. Ein Batteriespeicher stellt an der Ladesäule rund um die Uhr Solarstrom bereit.

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Power-to-Gas: Hoffnungsträger für das Smart Grid

Viele Projekte erproben die Erzeugung von Methan mit Strom – denn es lässt sich im Erdgasnetz speichern und bei Bedarf in Blockheizkraftwerken wieder verstromen.

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