Referenz 18. Juni 2021
Grünes Licht für blaues Gold

Die gleichbleibende Versorgung mit 24 Volt Gleichspannung für automatisierte Applikationen ist mittlerweile nicht die einzige Anforderung, die an Netzgeräte gestellt wird: Ein möglichst hoher Wirkungsgrad, ausreichend Leistungs- und Stromreserven selbst bei kritischen Netzbedingungen sowie elektronische Absicherung des Stromverbraucherkreises sind heute state-of-the-art. Nicht zuletzt sorgt die umfangreiche Kommunikationsmöglichkeit moderner Stromversorgungssysteme dafür, dass Distanzen zwischen Anlagenstandort und Serviceteams kaum noch eine Rolle spielen, wie das folgende Beispiel zeigt.

Zwischen der beschaulichen Gemeinde Thundorf in Unterfranken und der Millionenmetropole Shanghai liegen gut 8700 km Luftlinie. Wenn Christian Müller, Geschäftsführer der in Thundorf ansässigen Ingenieurgesellschaft IDEAS mbH um 13:00 Uhr auf seinem Rechner einen sicheren VPN-Tunnel öffnet und ein Dashboard aufruft, ist es in Shanghai bereits 20:00 Uhr. „Die Versorgungsspannung der Versuchsanlage liegt bei 23,92 V, also exakt im grünen Bereich“, meldet er zufrieden. Die Wasserversuchsanlage hat er mit seinem Team im Auftrag der Mösslein GmbH Wassertechnik automatisiert, elektrotechnisch ausgestattet und in Betrieb genommen – von Thundorf aus: „Covid-19 hat es uns aufgrund der strengen Einreisekontrollen und -Verbote unmöglich gemacht, die Anlage vor Ort in Shanghai in Betrieb zu nehmen“, erklärt Müller. Um dies möglich zu machen, haben er und sein Team sich viel einfallen lassen und bei den technischen Komponenten klug gewählt.

Dazu simuliert die Anlage typische Stagnations- und Fließverhältnisse in acht unterschiedlichen Rohrmaterialien – einmal mit und einmal ohne Inhibitorzusatz.

Günter Mösslein, Geschäftsführer der Mösslein Wassertechnik

Im Fokus: Shanghais Trinkwasserqualität

Shanghai ist eine der größten Städte der Welt. Allein im innerstädtischen Gebiet leben rund 15 Millionen Menschen. Die chinesische Regierung hat in den letzten Jahren sehr viel investiert, um der Bevölkerung vor allem in Großstädten Zugang zu einwandfreiem Trinkwasser zu gewährleisten. Eines der Hauptprobleme in Shanghai stellt dabei das über 35.000 km lange Leitungsnetz dar, das in Teilen schon seit mehr als 100 Jahren besteht. „Shanghais Trinkwasseranlagen produzieren hochwertiges Trinkwasser. Leider findet sich diese Qualität nur sehr selten an den Wasserhähnen der Verbraucher“, erklärt Günter Mösslein, Geschäftsführer der Mösslein Wassertechnik aus dem unterfränkischen Lohr am Main. Er weiß, von was er spricht: Mit über 70 Mitarbeitenden sorgt seine 1989 gegründete Firma rund um den Globus für Wasserqualität nach deutschen Hygienestandards. Seit 2019 liefern die Wasserspezialisten aus Unterfranken nicht nur Spezialchemie zur Reinigung von Wasseranlagen und -systemen nach China, sondern leisten auch Wartungs- und Servicemaßnahmen vor Ort. Im Rahmen eines wissenschaftlichen Forschungsprojekts stellt Mösslein eine Wasserversuchsanlage zur Verfügung, mit der die Auswirkungen eines Silikatinhibitors, einer Rohrleitungspflege gegen Rost, Korrosion und Beläge, sowohl auf die Trinkwasserqualität als auch auf die Leitungen in Shanghai untersucht werden sollen. „Dazu simuliert die Anlage typische Stagnations- und Fließverhältnisse in acht unterschiedlichen Rohrmaterialien – einmal mit und einmal ohne Inhibitorzusatz“, erklärt Mösslein. „Druck, Temperatur und Durchfluss müssen für diesen Versuchsaufbau über lange Zeiträume nicht nur zuverlässig und exakt geregelt, sondern auch dokumentiert werden.“

Zuverlässige Stromversorgung

Mit der Automatisierung und der elektrotechnischen Ausstattung dieser Anlage beauftragte die Mösslein Wassertechnik die IDEAS GmbH, mit der man in der Vergangenheit bereits innovative Lösungen sehr erfolgreich umgesetzt hatte. Die elektrotechnische Ingenieurgesellschaft ist spezialisiert auf Energiedatenerfassung und -management, Blockheizkraftwerke, Stromversorgungen von Rechenzentren sowie Trink- und Abwasseranlagen allgemein. „Eine unserer ersten Aufgaben war die Konzeption der Sensorik für die 2 × 8 Teststrecken“, erläutert der IDEAS-Geschäftsführer. „Wir haben uns für kombinierte Druck- und Temperatursensoren entschieden, die per IO-Link eingebunden werden. So sind wir erstens voll diagnosefähig und halten zweitens die Ersatzteile auf einem Minimum.“ Als Nächstes widmete sich das Team um Müller der Steuerung und der Stromversorgung: „Natürlich stand eine effiziente und zuverlässige Stromversorgung an erster Stelle.

Darüber hinaus suchten wir nach einer Lösung, die uns eine sichere und umfangreiche Möglichkeit des Fernzugriffs erlaubte. Ein technischer Support vor Ort kam coronabedingt nicht infrage.“ Allein dieser Umstand ließ klassische Ansätze der Stromversorgung ausscheiden. „Wir setzen bei der Steuerung auf einen WAGO Steuerung PFC200 mit Cloud-Anbindung. Zusammen mit den Diagnosedaten über IO-Link haben wir weitreichende Möglichkeiten, ohne vor Ort sein zu müssen. In Bezug auf die Stromversorgung war es ausschlaggebend, eine Lösung zu wählen, die uns ebenfalls sicher und umfassend mit Daten versorgt“, fasst IDEAS-Projektleiter Andreas Kröber zusammen und Müller ergänzt: „Da hat uns WAGO mit Einführung der Stromversorgung Pro 2 im Jahr 2019 ein echtes Geschenk gemacht: weiter Eingangsspannungsbereich, intelligentes Lastmanagement und ein Kommunikationsmodul, dass wesentliche Daten zu Strom und Spannung auch über IO-Link liefert.“

Wir können von hier aus nicht nur aktuelle und exakte Werte ablesen, sondern auch Trends ableiten. Das ermöglicht es uns, frühzeitig vor Überlastsituationen zu reagieren.

Andreas Kröber, IDEAS-Projektleiter

Ausschließlich DC OK war gestern

Bevor die Versuchsanlage in Shanghai aus der Ferne in Betrieb genommen wurde, musste sie über mehrere Wochen in Thundorf im Dauerbetrieb beweisen, dass die Applikation zuverlässig läuft. Besonderes Augenmerk legten die Ingenieure auf die Fernüberwachung- und die Wartungsfunktionen: „Ein klassisches Netzteil kombiniert mit Schmelzsicherung oder Leitungsschutzschalter liefert mir keine Informationen zu Spannung oder Strom. Über DC OK weiß ich gerade mal, dass ausgangsseitig 24 V anliegen“, erläutert Müller und fügt hinzu: „Das war definitiv zu wenig für unser Vorhaben.“

Die aufsteckbare Kommunikationsschnittstelle der Pro 2 erlaubt Kommunikation bis in die Cloud und liefert neben Strom- und Leistungsdaten auch Statusinformationen, so zum Beispiel ob ein Kurzschluss oder keine Ausgangsspannung vorliegt. Strom- und Spannungsdaten lassen sich über einen Zeitverlauf darstellen. „Wir können von hier aus nicht nur aktuelle und exakte Werte ablesen, sondern auch Trends ableiten. Das ermöglicht es uns, frühzeitig vor Überlastsituationen zu reagieren“, stellt Kröber dar und ergänzt: „Beim Hochfahren der Anlage werden die Lasten sämtlicher Verbraucher einzeln aufgezeichnet. Mit diesen Daten kann ich die Spannungsqualität für das Wiederanfahren nach Stromausfällen drastisch erhöhen. Außerdem nutzen wir die Möglichkeit, dass das Pro-2-Netzteil im laufenden Betrieb aus der Ferne konfiguriert werden kann – inklusive Überlastverhalten und unterbrechungsfreiem Anpassen der Spannung.“ Über diese Funktion lässt sich die WAGO Stromversorgung als elektronischer Schutzschalter parametrieren. Nach Auslösen bei Überlastereignissen kann der Ausgang wieder aktiviert werden – auch per Fernzugriff. Im Falle eines Kurzschlusses erlaubt das parametrierbare Überlastverhalten TopBoost bis zu 600 % Ausgangsstrom und das sichere Auslösen des elektronischen Schutzschalters.

Die umfangreichen Diagnoseinformationen sowie die Fernzugriffsmöglichkeiten machen die Stromversorgung Pro 2 zum idealen Netzgerät der Wasserversuchsanlage. „Wichtig ist, dass die Anlage zuverlässig läuft. Die Angestellten in Shanghai sind an den Messdaten interessiert und in Sachen Stromversorgung nicht ausgebildet“, so Kröber und erklärt: „Wir können von Thundorf aus nachvollziehen, was in Shanghai passiert und notfalls eingreifen bzw. das Personal vor Ort zielgerichtet unterstützen.“ Die beiden IDEAS-Ingenieure sind mit der Lösung ebenso zufrieden wie Günter Mösslein, der auf ein weiteres Detail hinweist: „Die Racks sind mit farbigen LED-Bändern ausgestattet, die den Zustand der Station anzeigen. So signalisiert grün der Belegschaft ‚Alles O. K‘ – das macht die Teststation zum echten Hingucker und bietet einen echten Mehrwert.“ Die nächsten gemeinsamen Projekte stehen bereits an, dann vielleicht wieder direkt in Unterfranken. „Wobei Distanzen heutzutage einfach keine Rolle mehr spielen – wenn man auf die richtige Technik setzt“, schließt Müller schmunzelnd.

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Alles im grünen Bereich: Im mittleren Modul der Testanlage befindet sich der Schaltschrank mit Steuerung und Stromversorgung, die beiden äußeren tragen jeweils 8 Teststrecken mit unterschiedlichen Rohrmaterialien.

Power kommuniziert jetzt!

Die WAGO Stromversorgung Pro 2 – der Schaltschrank ist im Wandel, denn die Anforderungen an ihn steigen kontinuierlich – und das sowohl bezüglich Quantität als auch Qualität. Die zunehmende Vernetzung, steigende Energiekosten und wachsende Individualisierung erfordern, dass es im Schaltschrank kleiner, sparsamer, schneller und flexibler zugehen muss.

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