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Achtung Fledermäuse kreuzen

Die Ziele eines Windkraftbetreibers: Abschaltzeiten optimieren und Erträge steigern. Doch wo Tiere die Lufthoheit haben, ist mit kostspieligem Stillstand zu rechnen – nicht unbedingt. Das beweist das Unternehmen Senvion. Mithilfe von WAGO bietet der Windkraftanlagen-(WKA-) Hersteller Betreibern die Möglichkeit, jetzt noch flexibler auf Veränderungen zu reagieren, zum Beispiel beim Fledermausschutz.

Datumsangaben, Windgeschwindigkeiten, Temperaturen: Was wirkt wie die Basis für die Wettervorhersage ist in Wirklichkeit eine Art Flugplan – und zwar der von Fledermäusen. „All diese Angaben werden benötigt, um verlässliche Aussagen über die Aktivitäten von Fledermäusen treffen zu können“, erläutert WAGO Ingenieur Nino Flottmann. Doch wozu überhaupt? Die kurze Antwort: Tierschutz.

Wald wird Windkraftzone

Hintergrund ist, dass mittlerweile auch Wälder rein rechtlich als substanzieller Raum für Windenergie gelten. Zu Beginn der Windkraftära undenkbar, allein aus Naturschutzgründen und aufgrund technischer Hürden. Aber die energieund klimapolitischen Ziele sollen erfüllt werden. Deswegen stehen aktuell nun knapp fünf Prozent der deutschlandweit rund 26.000 Windkraftanlagen in Wäldern – Tendenz steigend.

Doch diese Windkraftanlagen müssen sich den Raum mit den Waldbewohnern teilen. Bei aktuell bis zu 200 Meter großen Anlagen ragen die Gondeln zwar weit über das Blätterdach hinaus und auch die Enden der riesigen Rotorblätter drehen deutlich über den Baumkronen. Allerdings reichen sie so weit hinunter, dass sie den Luftraum von Fledermäusen durchqueren. Denn die meisten der 25 heimischen Arten bevorzugen Bäume als Lebensraum.

Anpassbaren Algorithmen ermöglichen es uns, schnell, flexibel und unkompliziert auf veränderte Gegebenheiten zu reagieren.

Jochen Poitzsch, Senior SCADA Engineer bei Senvion

Fledermäuse auf Kollisionskurs

„Wir müssen und wollen vermeiden, dass Fledermäuse an unseren Windkrafträdern Schaden nehmen“, sagt Jochen Poitzsch, Senior SCADA Engineer bei Senvion, einem WKA-Hersteller, der bereits mehr als 7.800 On- und Offshore-Windkrafträder weltweit installiert hat. Denn für die Tiere sind nicht allein Kollisionen mit den Rotorblättern tödlich; schon allein die Luftverwirbelungen bedeuten Gefahr.

Der einzige Weg, die Tiere zu schützen: die Windräder vorübergehend abzuschalten – so gibt es das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) als wichtigstes Regelwerk für den Umweltschutz vor. Die Länder setzen dies in ihren Windkraftverordnungen um. Diese Schutzpflicht gilt jedoch nicht nur für Anlagen in Wäldern, sondern für alle Onshore-Standorte. Denn insbesondere die Zwergfledermaus oder der große Abendsegler, die auf der roten Liste der bedrohten Arten stehen, sind auch in unbewaldeten Gebieten zu finden.

„Wenn am Standort eines Windrades bestimmte zeitliche und meteorologische Bedingungen erfüllt sind, bei denen Fledermäuse aktiv werden, muss es abgeschaltet werden. Aber die Betreiber haben ein natürliches Interesse daran, dass ihre Anlagen möglichst wenig Stillstandzeit haben. Da wird mit jeder Kilowattstunde gerechnet“, erklärt der Experte für Supervisory Control and Data Acquisition (SCADA) Poitzsch.

Flexibler Algorithmus statt Sensorik

In diesem Spannungsfeld bieten WAGO Steuerungen einen Ausweg: Statt Windräder pauschal immer bei bestimmten Bedingungen in den Ruhemodus zu versetzen, hilft eine speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) von WAGO die Abschaltzeiten an jedem einzelnen Standort flexibler und damit optimal anzupassen.

Dass dies überhaupt eine externe Steuerung übernimmt, hat ganz pragmatische Gründe. „Die rechtliche Entwicklung ist sehr dynamisch, die Vorgaben ändern sich stetig und unterscheiden sich zudem je nach Bundesland“, erklärt Jochen Poitzsch. Die Alternative wäre gewesen, bei jeder Änderung der Bestimmungen den SCADA- Steuerungen der Windkrafträder ein Update zu verpassen – zu aufwendig, entschied Senvion.

Die jetzt entwickelte Lösung funktioniert daher so: „Die Entscheidung für eine Abschaltung wird nicht auf Basis einer kostspieligen Sensorik getroffen, die die tatsächliche Anwesenheit von Fledermäusen ermittelt“, erklärt WAGO Ingenieur Nino Flottmann. Vielmehr basiere sie auf einem flexiblen Algorithmus, der die zahlreichen wissenschaftlich ermittelten Faktoren wie Sonnenauf- und -untergang, Temperatur, Windgeschwindigkeit, Niederschlag und andere mehr berücksichtige. Diese wissenschaftlichen Faktoren gehen auf die Forschungsinitiative WINDBAT zurück, die das Kollisionsrisiko von Fledermäusen an Onshore-Windenergieanlagen untersucht. Diese Forschungsgruppe hat im Zuge ihrer Untersuchungen auch das Software-Tool „ProBat“ entwickelt, mit dem sich fledermausfreundliche Betriebsalgorithmen für Windkraftanlagen berechnen lassen. Dieses Tool bildet auch die Grundlage für die bei Senvion eingesetzte Lösung.

„Lokale Wetterdaten übernehmen wir dann direkt aus dem SCADA-System der Windkraftanlage“, ergänzt Flottmann. Dank der offenen Schnittstellen der WAGO SPS ist das kein Problem. Alle anderen Daten hat Nino Flottmann über die Weboberfläche manuell parametriert. Sind alle Bedingungen für eine Abschaltung erfüllt, erhält das SCADA-System des Windrads vom WAGO Controller den Stoppbefehl und die Rotoren kommen schnell zum Stehen.

Alle Abschaltungen inklusive der aktuellen Zustände der Anlage werden in einer Datei gespeichert und monatlich an den Anlagenbetreiber übermittelt. Der Systemstatus lässt sich jederzeit, über ein einfaches Netzwerkverwaltungsprotokoll (SNMP) abfragen. Sollten sich die rechtlichen Vorgaben ändern, kann der Betreiber die Steuerungen ohne großen Aufwand auf den aktuellen Stand bringen: Er ändert die Vorgabewerte im Algorithmus entsprechend und speichert die Datei auf einer SD-Karte oder online. Sobald diese Daten in den WAGO Controller eingepflegt sind, werden die neuen Werte automatisch übernommen.

Abschaltzeiten optimieren

Rund 100 Windkrafträder in Deutschland hat Senvion inzwischen mit der flexibleren Steuerung ausgerüstet und das Projekt ist längst nicht beendet. Zum einen wird die Applikation derzeit internationalisiert und die europaweite Einführung vorbereitet, zum anderen ist diese technische Lösung nicht nur auf Fledermäuse begrenzt; sie lässt sich auch für den Vogelschutz nutzen.

Um wieviel diese Steuerung den Jahresertrag eines Windrades verbessert, ist allerdings nur schwer zu erfassen. „Es lässt sich aber eindeutig feststellen, dass die Abschaltzeiten optimiert werden“, bilanziert Jochen Poitzsch. Denn die anpassbaren Algorithmen ermöglichen Windkraftanlagenbetreiber schnell, flexibel und unkompliziert auf veränderte Gegebenheiten zu reagieren.

Text: Heiko Tautori | WAGO
Foto: Getty Images

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Jochen Poitzsch ist „Senior SCADA Engineer“ bei dem Windkraftanalagenhersteller Senvion.

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