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Referenz 18. Januar 2022
Mit künstlicher Intelligenz Kosten für Heizung und Klimatisierung sparen

Der Automatisierungsspezialist mrm² hat ein System entwickelt, das Heizen und Kühlen von Büro- und Industriegebäuden mithilfe von Machine-Learning deutlich effizienter macht und die Energiekosten um bis zu 20 % senkt. WAGO liefert mit dem Controller PFC200 und dem Edge Computer die beiden Schlüsselkomponenten des Systems.

Alles begann damit, dass Marc Gruber, Mitgründer und Geschäftsführer von mrm², vor einigen Jahren für seine Familie ein Haus bauen wollte. Grubers Unternehmen mit rund 30 Mitarbeitern, im schwäbischen Bad Ditzenbach-Gosbach ansässig, ist Spezialist für intelligente Automatisierungstechnik. Klar, dass er sich bei seinem neuen Haus nicht mit Gebäudetechnik aus vordigitalen Zeiten zufriedengeben wollte. „Ich habe mir genau angeschaut, was es alles an Produkten für die automatisierte Steuerung von Heizungen gibt – und war total enttäuscht: Was da angeboten wurde, war sehr simpel, ohne jede Intelligenz“, erinnert er sich. Da blieb nur eines: „Wenn es auf dem Markt keine wirklich clevere Lösung gibt, dann schaffen wir sie eben selbst!“

Gesagt, getan – die Experten von mrm² haben ein System entwickelt, das dafür sorgt, dass Räume exakt dann die gewünschte Temperatur haben, wenn sich dort Menschen aufhalten. Der Schlüssel dazu ist künstliche Intelligenz (KI): Integrierte Machine-Learning-Verfahren prognostizieren, wann und wie lange einzelne Räume genutzt werden. Mit diesem Wissen lassen sich die Heizkörper oder Flächen so steuern, dass sie mit geringstmöglichem Energieaufwand auf den Punkt genau für Wohlfühltemperaturen sorgen. Das vermeidet unnötige Aufheizvorgänge und Dauerläufer. Im Sommer wiederum stellt das System sicher, dass genauso Klimaanlagen bedarfsgerecht und effizient arbeiten. Die nötigen Daten für die Präsenzprognosen liefern Bewegungssensoren, die insbesondere in Büros ohnehin schon oft installiert sind, um die Beleuchtung zu regeln.

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„Optimales Zusammenspiel der Gewerke“

„Dank der KI ist unsere Lösung in der Lage, Änderungen in der Nutzung einzelner Räume innerhalb kürzester Zeit bei der Steuerung zu berücksichtigen“, erläutert Gruber. Auch Wettervorhersagen lässt das System in die Berechnungen mit einfließen: Ist zum Beispiel an einem Wintertag zu erwarten, dass die Sonne für einige Zeit in einen Raum scheinen wird, bleibt die Vorlauftemperatur der Heizung etwas kühler als an bewölkten Tagen.

Ebenso werden die Jalousien gezielt in Positionen gefahren, um die Energieeffizienz des Gebäudes zu erhöhen. Das ist vor allem im Frühling und Herbst wichtig, wenn je nach Außentemperatur und Sonneneinstrahlung Räume entweder beheizt oder gekühlt werden müssen. Gruber zufolge ist das einzigartig im Markt. „Andere Angebote sind Insellösungen, da sie nur die Heizung oder nur die Jalousien steuern können. Wir dagegen bringen alles zusammen“, erklärt er. Und betont: „Dank WAGO können wir dabei die Integration der heterogenen Systeme in der Gebäudeautomation optimal zur Anwendung bringen!“

Intelligente Steuerung der Wärmeerzeuger

Um das Potential der KI ganz auszuschöpfen, nutzt das Anwenderprogramm die integrierte Intelligenz, um die Wärmeerzeuger selbst zu steuern. Dafür verwendet das System die Berechnungen, die zum Wärmebedarf der Einzelräume vorgenommen wurden. Vor allem in größeren Gebäuden ist die Technologie heute oft komplex, mit Blockheizkraftwerken, Gaskesseln, Wärmepumpen und mitunter auch Solarthermieanlagen. „Gerade bei Hybridsystemen hapert es häufig an der Effizienz. Das ist auch kein Wunder, denn deren Steuerung ist alles andere als trivial. Unsere Lösung stellt sicher, dass die Wärmeerzeuger maximal energieeffizient arbeiten“, sagt Gruber.

Insgesamt 15 bis 20 Prozent der Energiekosten lassen sich mit dem System problemlos einsparen, wie Praxistests in Referenzgebäuden zeigen – eine Größenordnung, die alternativ nur durch aufwändige Maßnahmen wie eine Fassadendämmung zu erreichen ist. Damit amortisiert es sich in vielen Fällen schon binnen ein oder zwei Jahren. „Wir senken die Kosten, indem wir die Fehlerquelle Mensch eliminieren“, bringt es der mrm²-Chef auf den Punkt. Kein Mensch könne die Gebäudetechnik so punktgenau und so vorausschauend steuern, wie es mit Hilfe von KI möglich ist.

Dank WAGO können wir dabei die Integration der heterogenen Systeme in der Gebäudeautomation optimal zur Anwendung bringen!

Marc Gruber | Geschäftsführer von mrm²

PFC200 bietet höchste Flexibilität

Steuerung mit Intelligenz, eine sichere Kommunikation für das Zusammenspiel der Gewerke – um das zu gewährleisten, setzt mrm² bei den Schlüsselkomponenten auf WAGO. Damit fährt das Unternehmen von der Schwäbischen Alb schon seit vielen Jahren bestens. „Wir haben bereits Produkte von WAGO eingesetzt, als unsere Firma erst aus drei oder vier Mitarbeitern bestand. Manches Projekt hätten wir ohne WAGO niemals stemmen können“, erinnert sich Gruber.

Bei der neuentwickelten Lösung verwendet mrm² neben Komponenten wie Netzteilen oder Displays den PFC200-Controller und den Edge Computer. „Der PFC200 ist sehr leistungsstark und bietet zudem ein hohes Maß an Flexibilität. Die unterschiedlichsten Ein- und Ausgangskarten lassen sich sowohl für die kabelgebundene als auch für die drahtlose Kommunikation problemlos anrasten“, erklärt Johannes Siegle, der bei mrm² die Entwicklung des neuen Systems leitet. Bei der Installation in den Referenzgebäuden setzt das Unternehmen KNX-Module von WAGO ein, da es dort bereits entsprechende Bussysteme im Bestand gab.

Edge Computer ist Docker®-fähig

Der PFC200 sammelt die Daten ein und überträgt sie in eine Datenbank auf dem lokalen Edge Computer. Dort sind auch die Machine-Learning-Modelle installiert, die mit den Daten die Präsenzprognosen erstellen. Alternativ wäre es auch möglich, Datenbank und KI in eine Cloud auszulagern. Die Vorhersagen werden dann zum PFC200 zurückgespielt. Ergänzt unter anderem durch Wetterprognosen und meteorologische Istdaten leitet ein Algorithmus auf dem Controller daraus die nötigen Steuersignale ab. „Vereinfacht gesagt: Der Edge Computer liefert die Intelligenz, der PFC200 organisiert die Kommunikation“, so Siegle.

Datenbank und Machine-Learning-Modelle laufen in Softwarecontainern auf dem Edge Computer. „Für uns ist wichtig, dass die Hardware Docker®-fähig ist, weil wir die KI nur so umsetzen können, wie wir uns das vorstellen. Denn schließlich sind die Prognosen ziemlich rechenintensiv“, erläutert Siegle. Der Experte lobt zudem die Anwenderfreundlichkeit: „Wir Automatisierer kommen bekanntlich aus der SPS-Welt. Dennoch haben wir uns bei der Arbeit mit dem Edge Computer sehr schnell sehr gut zurechtgefunden.“

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Erst Büro- und Industriegebäude, später Wohnhäuser

„WICKIE M“ hat das Team von mrm² sein neues System getauft, benannt nach dem cleveren kleinen Wikinger aus der Zeichentrickserie, dessen kluges Köpfchen auch in kompliziertester Lage stets eine Lösung findet. Nach intensiver Erprobung in zwei Referenzgebäuden startet nun der Vertrieb. Das Unternehmen hat dabei zunächst vor allem Planer und Betreiber von Büro- und Industriegebäuden im Visier. „In seiner derzeitigen Konfiguration ist WICKIE M für Gebäude ab etwa zwanzig beheizten bzw. klimatisierten Räumen sinnvoll“, sagt Geschäftsführer Gruber. Mittelfristig will mrm² sein System so weiterentwickeln, dass auch private Haushalte damit Heizkosten einsparen können – per „Plug and Play“ soll WICKIE M dann auch in Ein- und Mehrfamilienhäusern für mehr Energieeffizienz sorgen.

Text: Ralph Diermann – Energiejournalist

Foto: Ian Siepmann/Tremonia

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