Steuerung komplexer Prüfanlagen für Filtermedien

1. Juli 2022
Prüfprozesse präzise dirigieren

Operationssäle und pharmazeutische Produktionsstätten haben eins gemeinsam: Sie benötigen Reinraumtechnik, um die Sicherheit von Patienten und die Qualität von Produktionsumgebungen zu sichern. Die Firma Topas zählt zu den Technologieführern in diesem Gebiet. Bei der Prüfung von Filtermedien, wie sie beispielsweise für Luftfilter in Reinräumen gefordert ist, setzt Topas auf Steuerungstechnik von WAGO.

Reinraumtechnik ist die Schlüsseltechnologie in vielen Anwendungen. Sie kommt zum Beispiel in der medizinischen Behandlung in Operationssälen, in der pharmazeutischen Industrie oder in Produktionsstätten im Bereich der Mikroelektronik zum Einsatz und sorgt dafür, dass die Anzahl lufttragender Teilchen, die in den Raum eingebracht werden oder dort entstehen, so gering wie möglich ist. Denn nur dann können Patienten sicher behandelt und Produkte vor schädigenden Partikeln geschützt werden.

Qualifizierung und Prüfung von Filtermaterialien

Filter übernehmen bei der Säuberung der Luft die entscheidende Funktion. Daher ist es unerlässlich, dass die entsprechenden Anlagen und ihre Filter qualifiziert, regelmäßig geprüft und die Ergebnisse lückenlos dokumentiert werden. Richtlinien wie die VDI 2083 und ISO 14644 legen Prüfverfahren fest und geben eine Klassifizierung sowie Konzentrationsbestimmung für die Partikelreinheit der Luft in Reinräumen und Reinraumbereichen an. Hier werden Luftreinheitsklassen auf Basis gemessener Konzentrationen luftgetragener Partikel verschiedener genormter Größen festgelegt.

Wie entscheidend die Qualifizierung und Prüfung von Filtermaterialien und die Qualitätssicherung der Filterprüfung ist, weiß auch Stephan List. Er ist Division Manager bei der Topas GmbH in Dresden und verantwortet dort die Fertigung von Geräten und Prüfanlagen sowie das Engineering: „Bei uns dreht sich alles um Partikeltechnologie. Wir erzeugen, messen und konditionieren Aerosole und stellen die dazu notwendigen Geräte sowie komplette Prüfsysteme her. Das Spektrum reicht von der Prüfung von Filtermedien und -elementen im Labor bis zu Verfahren zur wiederkehrenden Filterprüfung in möglichst kurzen Zeitintervallen bei der Produktüberwachung in der Filtermassenfertigung.“

Mit mittlerweile mehr als 60 verschiedenen Seriengeräten und 20 Typen von Prüfsystemen für industrielle Anwender und Forschungseinrichtungen oder Institute erzeugen, konditionieren und analysieren die Sachsen Prüf- und Referenzaerosole. „Die Herausforderung dabei ist, dass unsere Kunden meist mit sehr speziellen Anforderungen zu uns kommen. Die Palette reicht von Kraftfahrzeugfiltern, über Gasturbinenfilter, bis hin zu Reinräumen in der Pharmaindustrie“, sagt Stefan Haufe, SPS- und Sicherheitsexperte bei Topas. Entsprechend vielfältig sind die Kombinationsmöglichkeiten der verwendeten Sensorik, Aktorik und Analytik.

Höchste Anforderungen in Pharma und Medizintechnik

Dort wo Stoffe produziert werden, die in den menschlichen Körper gelangen, sind die Anforderungen an die Reinheit am größten. Das setzt sich entsprechend bei der Reinraumtechnik und deren Prüfung fort. In der pharmazeutischen und biotechnischen Produktion muss die Kontamination mit Keimen, Mikroorganismen und gesundheitsschädlichen Substanzen jederzeit zuverlässig ausgeschlossen werden. Und auch in der Medizintechnik steigen die Anforderungen: Ob Implantate oder Biosensoren, die z.B. Blutfettwerte kontinuierlich überwachen, sie alle müssen frei von Verunreinigungen produziert werden. Reichte im Bereich der Mikrotechnik noch ein Reinraum der ISO-Klassen 6 oder 7, wird heute immer häufiger ISO-5 verlangt. Das bedeutet, dass nur noch 5 Nanogramm organische Stoffe pro Liter Luft zulässig sind. Filter und Anlagen sind also gefragt, die nicht nur Partikel, sondern auch Chemikalien zurückhalten. Zudem spielen elektromagnetische Effekte und Vibration eine immer größere Rolle. Für die Mess- und Prüftechnik gilt daher: Sie muss in Bereiche vordringen, in denen sich einzelne Teilchen die Hand geben.

Bei uns dreht sich alles um Partikeltechnologie. Wir erzeugen, messen und konditionieren Aerosole und stellen die dazu notwendigen Geräte sowie komplette Prüfsysteme her.

Stephan List, Division Manager Topas GmbH

Effiziente Anlagen und Dokumentation

Um die Prüfungen effizient durchzuführen und die Ergebnisse ohne zusätzlichen Aufwand zu dokumentieren, stellen die Topas-Anlagen reale Prozesse nach. Neben dem Synthetisieren von Aerosolen gehört die Probenahme, -aufbereitung und -charakterisierung mit ausgefeilter Messtechnik zum Geschäftsmodell. Es ist ein komplexer Vorgang, die unterschiedlichen Prozessschritte in einem Gerät auf den Prüfling (z. B. das Filtermaterial) und auf die abzutrennenden Stoffe einzustellen.

Um das Zusammenspiel innerhalb der Anlagen optimal, also möglichst präzise und automatisiert, zu steuern und dabei reproduzierbare Ergebnisse zu erzielen, ist der Einsatz modernster Steuerungstechnik nötig. „Wir haben uns schon vor vielen Jahren für Wago als Lieferant für die internen Steuerungs- und Kommunikationskomponenten entschieden. Damals stand eher im Vordergrund günstige Geräte mit unterschiedlichsten Fähigkeiten kaufen zu können“, sagt Stephan List. „Heute schätzen wir die stabile Entwicklungsumgebung, regelmäßige Updates und insgesamt in Wago einen verlässlichen Partner zu haben. Auch die Skalierbarkeit der Wago-Lösungen war und ist ein gutes Argument.“

WAGO-Steuerungstechnik im Schaltschrank

Controller steuert komplexes Innenleben

Topas verwendet für die WAGO Controller. Mit ihrer Hilfe werden Sensoren, Messgeräte und Stellgeräte wie Gebläse, Klappen und Ventile sicher angesteuert. „Wir müssen viele Signale verarbeiten. Das führt dazu, dass unsere Anlagen aus vielen I/O-Modulen bestehen und große Knoten verwenden. Die daraus resultierende Vielfalt an Schnittstellen, die wir bedienen müssen, ist ein weiterer wichtiger Grund immer wieder auf WAGO I/O-Systeme zurückzugreifen“, sagt Stefan Haufe.

Offene Schnittstellen

Beispielsweise wird im automatischen HEPA/ULPA-Filterscan-Prüfstand AFS150 der Controller PFC200 eingesetzt. Mit dieser SPS werden Ein- und Ausgabegeräte über die Protokolle CAN, CANopen oder Profibus DP angebunden. Die Kommunikation mit der Anwendungssoftware und den Sicherheitsrelais passiert via Modbus. Die ETHERNET-Schnittstellen unterstützen darüber hinaus alle gängigen Protokolle, darunter DHCP, DNS, NTP, FTP, SNMP und HTTP. Für eine sichere Verbindung stehen SSH, HTTPS und FTPS bereit.

Und auch der zur Qualitätsprüfung von Kfz-Innenraumfiltern gemäß ISO 11155-2 hinsichtlich der Adsorption/Desorption gasförmiger Stoffe eingesetzte Prüfstand PAF 112 zeigt die intensive Zusammenarbeit zwischen Topas und WAGO: Neben Reihenklemmen unterschiedlichen Querschnitts und Typs, einem Netzwerkswitch, elektronischen Schutzschaltern bildet das Herz der Steuerung die WAGO SPS 750-891. Sie kommuniziert mit Sicherheitsrelais und Anwendungssoftware via Modbus®. Die Sensoren im Prüfstand sind über serielle Schnittstellen angebunden.

Das Herzstück: Die WAGO Steuerung

Leckagen präzise zuordnen

„Für manche Schritte wie die Abfolge des Prüfablaufs, die Visualisierung der Vorgänge, das Erzeugen von Diagrammen oder ähnlichem setzen wir den PC ein, für alles andere haben wir die passende WAGO SPS“, sagt Haufe und ergänzt: „Wir brauchen zwar keine Echtzeitfähigkeit, aber Geschwindigkeit ist dennoch wichtig. Und da hilft die kurze Antwortzeit der SPS, um auffällige Stellen oder Leckagen präzise zuordnen zu können. Insgesamt schätzen wir das flexible WAGO System für komplexe Anwendungen“, sagt Haufe. Am Ende werde in dem Zusammenspiel aus WAGO Komponenten und dem Topas-Know-how das Ziel erreicht, die Reinraumproduktion unzähliger Produkte und höchste Qualitätsstandards bei der Produktion unterschiedlichster Filter zu sichern.

Für kommende Projekte steht schon fest, dass auch die WAGO Controller 750-8212 eingesetzt werden. Sie sind mit schnelleren Prozessoren und mehr Arbeitsspeicher ausgestattet. Eine weitere wichtige Eigenschaft des Controllers: das „Digital Rights Management“. Es ermöglicht die individuelle Erweiterung von Funktionen für verschiedenste Projekte je nach Anforderungen. Hierfür können nachträglich Software-Applikationen und -Schnittstellen mittels Lizensierung (DRM) freigeschaltet werden. „Für die nahe Zukunft sehen wir schon konkrete Projekte, bei denen diese Funktionen hilfreich sein werden. Sie dürfen auf jeden Fall gespannt bleiben“, sagt Haufe abschließend.

Out of the box: Luftreinigung

Der Einfluss von Raumluft auf die menschliche Gesundheit ist seit Langem bekannt und wurde etwa während der Coronapandemie zu einem der zentralen Diskussionspunkte hinsichtlich der (Wieder)Eröffnung von Schulen. Mit der zügigen Entwicklung von mobilen Luftreinigungsgeräten wollte das Familienunternehmen Miele für ein Plus an Gesundheit und mehr Normalität im Alltag vieler Familien sorgen. Auch dank hervorragender Zusammenarbeit mit WAGO ist das Projekt ein voller Erfolg geworden.
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