Themen 27. April 2022
Gebäudeautomatisierung als Schlüssel zum Green Building?!

Ein grünerer Gebäudesektor mit möglichst niedrigem Energieverbrauch, wenig Ressourcenverschwendung und hohem Komfort – das ist das Ziel aktueller Bemühungen auf nationaler Ebene vieler Länder wie auch international. Gebäudeautomatisierung ist dabei ein Thema, das zunehmend weiter in den Fokus rückt. Doch wie viel hat eine intelligente Gebäudesteuerung wirklich mit mehr Energieeffizienz zu tun?

Das Wichtigste im Überblick:

  • Neubauten haben bereits hohe Energiestandards: Hier gilt es vor allem, den Energieaufwand für ein optimales Raumklima effizient zu gestalten.
  • Raumautomation sorgt für Komfort und Energieeffizienz: Sie ist deshalb bei vielen Neubauprojekten State of the Art.
  • Gebäudebestand größtenteils ineffizient: Soll der Gebäudesektor grüner werden, muss vor allem der große Teil an Bestandsgebäuden energieeffizient saniert werden.
  • Schlüsselrolle bei Gebäudesanierungen: Mit flexibler Gebäudeautomation lassen sich gebäudetechnische Prozesse erfassen, steuern und regeln – und damit effizient gestalten.

Großer Energieverbraucher: der europäische Gebäudebestand

Als Green Building werden Gebäude bezeichnet, die möglichst nachhaltig gebaut sind und so auch betrieben werden. Ein Augenmerk liegt dabei stark auf dem Energie- und Ressourceneinsatz. Nicht ohne Grund: Mit über 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs und etwa 35 Prozent aller CO2-Emissionen allein in der EU ist der Gebäudesektor eine der energieintensivsten Branchen schlechthin - und damit ein wichtiger Faktor für die Energiewende. Während die Weiterentwicklung und der Ausbau erneuerbarer Energien wichtige Schritte sind, muss sich die Branche vor allem mit der Frage beschäftigen, wie gleichzeitig der Energieverbrauch von Gebäuden weiter gesenkt werden kann. Aktuell beanspruchen Nichtwohngebäude laut dena Gebäudereport 2021* etwa 3.507km2 beheizte Nettogrundfläche in Deutschland – beinahe die Größe Mallorcas. Mit 204 TWh entfällt der größte Teil der genutzten Energie dabei auf Raumwärme, gefolgt von Beleuchtung mit 56 TWh, Warmwasser mit 25 TWh und Klimakälte mit 9TWh. „Das lässt noch viel Spielraum für Optimierungen“, so Dirk Dronia, Global Industry Manager Building Automation bei WAGO.

* Den dena Gebäudereport in der neuesten, kürzlich veröffentlichten Fassung von 2022 finden Sie hier.

Neuer Standard: hohe Energieeffizienz bei Neubauten

„Die Standards beim Bauen sind heute schon hoch“, so Dronia. „Die meisten neuerrichteten Gebäude sind in ihrer Isolierung fast wie eine Thermoskanne.“ Auch die Beleuchtung wird dank LED-Technik immer effizienter. Der Energiebedarf eines Gebäudes wird damit generell schon reduziert. Allerdings zeigt sich, dass auch in Neubauten mit effizienter Bauweise und Niedrigenergietechniken der Energieaufwand für die Raumtemperierung einer der größten Energieposten im Bereich der Nichtwohngebäude bleibt – nicht zuletzt auch deshalb, weil ein angenehmes Raumklima den Komfort und die Produktivität der Nutzer beeinflusst. Hier gilt es, den Energieaufwand für ein optimales Raumklima effizient zu gestalten.

Raumautomation sorgt für Komfort und Energieeffizienz

„Die Raumautomation – also die Kombination aus Klima- und Beleuchtungsreglung sowie Beschattung – spielt auch in gut gedämmten Neubauten eine wesentliche Rolle und ist für ein optimales Klima sowie Komfort bei maximaler Energieeffizienz unerlässlich. Bevor Räume im Sommer gekühlt werden, verhindert die geschlossene Beschattung eine Sonneneinstrahlung und damit ein Aufheizen. Im Winter kann durch Öffnen der Beschattung der Raum gewollt erwärmt werden, um die Heizung zu unterstützen bzw. um die warme Raumluft über die Abluft der Wärmerückgewinnung zuzuführen. Verfügt die Beschattung über eine Trennung zwischen Blendschutz und Lichtumlenkung, kann trotz Blendschutz Sonnenlicht in den Raum gelenkt werden, bevor die elektrische Beleuchtung in Betrieb geht“, so Dronia. So sorgt ein ausgeklügeltes Raumautomationssystem ohne nötige Eingriffe durch den Nutzer für optimale Raumbedingungen und einen effizienten Energieeinsatz – eine Win-win-Situation für alle Seiten und deshalb bei vielen Neubauprojekten auch schon State of the Art.

Ausgeklügelte Raumautomationssysteme unterstützen Energieeinsparungen in Neubauten wie auch Bestandsgebäuden.

Die Raumautomation spielt auch in gut gedämmten Neubauten eine wesentliche Rolle und ist für ein optimales Klima sowie Komfort bei maximaler Energieeffizienz unerlässlich.

Dirk Dronia, Global Industry Manager Building Automation bei WAGO

Renovation Wave und European Green Deal: Sanierungsrate muss steigen

Für jedes neue, effiziente Gebäude gibt es eine Vielzahl an Bestandsbauten, die seit teilweise Jahrzehnten wahre Energiefresser sind. Soll der Gebäudesektor also grüner werden, muss vor allem der große Teil an Bestandsgebäuden energieeffizient saniert werden. Sanierungen sind deshalb längst auch auf europäischer Ebene in Diskussion und wurden mit der „Renovation Wave“ 2020 als konkretes Ziel ins Auge gefasst.

Die „Renovation Wave“ steht für einen Aktionsplan der europäischen Kommission im Rahmen des European Green Deals, der mehrere Maßnahmen zur Förderung der Gebäuderenovierung umfasst. Ziel des Maßnahmenpapiers ist es, die Energieperformance von Gebäuden zu verbessern und so einen Beitrag zur Klimaneutralität und der wirtschaftlichen Erholung beizutragen. Denn heute weiß man: Um die Klimabilanz des Gebäudesektors zu verbessern, braucht es nicht wenige Vorzeige-Smart Buildings, sondern vor allem deutlich mehr energieeffiziente Sanierungen in der breiten Masse. Aktuell, so die europäische Kommission, liegen diese jährlich bei gerade einmal einem Prozent aller Gebäude - zu wenig, um das Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden, zu erreichen. Diese Rate soll daher in kürzester Zeit mindestens verdoppelt werden.

Dabei spielt auch die Nachrüstung von Gebäudeautomatisierung eine wichtige Rolle. „Mit der Renovation Wave werden Maßnahmen beschrieben, die dazu führen sollen, dass Bestandsgebäude effizient betrieben werden. Beispielsweise ist das, was WAGO mit flexROOM® heute schon ermöglicht, dann ab 2030 in einigen Ländern der EU verpflichtend. Sprich, dass Gebäude die Anforderungen der Klasse A aus der EN 15232 bzw. der aus der EN 15232 hervorgegangenen globalen ISO 52120 erfüllen müssen. Die besagt, dass es eine Interaktion zwischen Beschattung, Licht und Heizen bzw. Kühlen geben muss“, so Dronia.

Größtes Energieeffizienzpotential von Nichtwohngebäuden liegt im Gebäudebestand

„Die Automatisierung von Gebäuden bietet Nutzern und Betreibern in Bezug auf Energiemonitoring, Energieeffizienz und Komfort nachweislich Vorteile“, betont Dirk Dronia noch einmal. „Gerade bei Bestandsbauten stellt diese damit einen ganz wesentlichen Punkt dar, um Energie und somit CO2 einzusparen.“ Die Wichtigkeit der Nachrüstung wird auch in aktuellen Direktiven hervorgehoben: Die neueste Fassung der EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) von 2018 sieht vor, dass größere Nichtwohngebäude im Bestand ab dem Jahr 2025 mit den wichtigsten Funktionen der Gebäudeautomation ausgestattet werden müssen. Dies betrifft Nichtwohngebäude mit einer installierten Leistung von 290 kW bei Heizungs- oder Klima- bzw. Lüftungsanlagen, sofern dies technisch und wirtschaftlich machbar ist. Allerdings wird der Zusatz „wirtschaftlich machbar“ aktuell diskutiert, da das Ziel, CO2 einzusparen, höher bewertet wird als ein rein wirtschaftlicher Nutzen. Auf jeden Fall bieten alte Bestandsgebäude ohne vernetzte Gebäudeautomation bzw. Raumautomation und Energiemonitoring mitunter die größten Energieeinsparpotentiale in der Branche. In der Sanierung des Bestandsbaus spielt die Automatisierung daher eine entscheidende Rolle.

Flexible Automatisierung: Schlüsselrolle bei Gebäudesanierungen

Mit Gebäudeautomatisierung lassen sich gebäudetechnische Prozesse erfassen, steuern und regeln. Dabei entstehen Synergien, z. B. zwischen Heizung, Lüftung und Klimatisierung wie auch Beleuchtung und Beschattung. Primärenergie kann so bedarfsorientiert eingesetzt werden. Sprich: Energie wird nur dann verbraucht, wenn sie auch wirklich benötigt wird – wie bei der tageslichtabhängigen Lichtsteuerung oder anwesenheitsabhängigen Klimatisierung. Die dafür notwendigen Steuerungen sind in den meisten Fällen problemlos nachrüstbar. Plus: Gebäudeautomation macht unmittelbar auf Missstände aufmerksam und ermöglicht so ein schnelles Eingreifen, was wiederum der Verschwendung von Ressourcen entgegenwirkt.

Für eine effiziente Automatisierung braucht es neben der Hardware auch das entsprechende Know-how: „Mit dem WAGO I/O System 750 von WAGO auf der einen Seite und einer ausgeklügelten Applikation auf der anderen Seite kann zum Beispiel so ziemlich alles ausgeführt werden. Mit einem modularen System, wie unserem I/O System 750, sind Gebäudebetreiber maximal flexibel im Hardwareaufbau.“ So kann die benötigte Hardware einfach nach Bedarf an die physikalischen Bedingungen angepasst werden, um vorhandene Aktoren und Sensoren weiter zu verwenden. Ein wichtiger Punkt, um Sanierungen zu ermöglichen. Denn: „Das wird für Hersteller wie auch Betreiber die nächsten 10-15 Jahre ein maximaler Spagat“, weiß Dirk Dronia und weiter: „Wir müssen im Bestand maximal flexibel sein, zur Not auch mit alten Feldgeräten und mit Passivsignalen, während wir bei Neubauten bereits im IoT-Bereich unterwegs sind. Sprich: Smarte Sensoren und alles ist digital. Das mit einer Produktpalette abzudecken ist die Aufgabe, die wir heute schon täglich erfüllen.“

Feldbusunabhängig und flexibel: Die I/O Systeme von WAGO

Fazit: Gebäudeautomation als Schlüssel zum Green Building?

Smart gesteuerte Gebäude haben viele Vorteile: Sie sind komfortabler, erleichtern dem Nutzer den Alltag, erlauben eine optimale und effiziente Flächennutzung, fordern nach Bedarf Dienstleistung für die Raumpflege, technische Wartungen und Entstörungseinsätze an und können nicht zuletzt die Energiebilanz verbessern – und somit einen wichtigen Beitrag zur Energiewende beisteuern. Bei Neubauten wird deshalb fast schon durchgängig auf entsprechende Automatisierungsmaßnahmen gesetzt – nicht nur aufgrund der Energieeffizienz, sondern auch wegen des Komforts und smarter Services. Die Einsparpotentiale durch die Gebäudeautomation in Bestandsgebäuden werden aber immer noch nicht flächendeckend und im ausreichenden Maß ausgeschöpft. Doch gerade diese energetischen Sanierungen mit der Nachrüstung von ausgefeilten Automatisierungssystemen braucht es, um langfristig auch im Gebäudesektor Klimaneutralität zu erreichen. Es ist daher notwendig, den Blick verstärkt auf das Thema Sanierung zu richten – und dabei auch die Gebäudeautomation in den Fokus zu rücken.

36-40 % des weltweiten Energieausstoßes gehen auf Gebäude zurück und die Zeit, um die vorgegebenen Ziele zu erreichen, läuft uns davon.

Dirk Dronia, Global Industry Manager Building Automation bei WAGO

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Kurswechsel gefragt: Warum der Gebäudesektor Sanierungen braucht

Der Klimaschutz ist eins der erklärten Ziele der Europäischen Union. Bis 2050 sollen Treibhausgasemissionen auf ein Minimum reduziert werden. Der Gebäudesektor spielt dabei eine wichtige Rolle: Allein 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs und etwa 36 Prozent aller CO2-Emissionen entfallen auf den Gebäudebereich. Das Energieeinsparpotential ist enorm. Potentielle Einsparungen liegen vor allem in der Modernisierung von Bestandsgebäuden.

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